Montag, 21. Dezember 2009

Der Kommentar zur Saarbrücker Mentalität

Sportlich befindet sich der 1. FC Saarbrücken auf dem besten Stand seit mehreren Jahren, die 3. Liga ist zum Greifen nahe. Zur gleichen Zeit gibt es dennoch Diskussionen. Die Frage nach dem Stadion, die Frage nach neuen Sponsoren, einem besserem Marketing, der Werbung neuer Mitglieder. Auf dieser Ebene scheint der FCS keinen Schritt weiter als im Jahre 2005, vielleicht sogar 1995. Diese Mentalität hat der Leuchtturm in Heft Nr. 5 untersucht.

Der Kommentar zur Saarbrücker Mentalität


Warum man besser ein Fundament gießen würde, als Luftschlösser zu bauen
von Carsten Pilger

Ich mag meinen 1. FC Saarbrücken. Ich hätte ihn am liebsten in der Bundesliga, zwischen Bayern und Dortmund. Oder noch besser: VOR Bayern und Dortmund auf dem ersten Platz, in der Champions League bei Real Madrid. Und in einem Stadion, das 60.000 fasst und von der UEFA mit fünf Sternen ausgezeichnet wäre. Horst Hinschberger hätte das sicher auch gerne so. Was uns beide unterscheidet: Er baut seine Luftschlösser öffentlich, ich im Stillen.

Zunächst einmal: Es ist keine Schande, den FCS zu lieben und von besseren Zeiten zu träumen. Bei einem Verein, der drei Ligen gefallen ist, und nun gerade einen kleinen Sprung zurück geschafft hat, bleibt nicht viel anderes als das Träumen, wird so mancher sagen. "Träumer" gehört zu den gängigen Beschimpfungen, die man sich als FCS-Fan, auch unter Gleichgesinnten, manchmal anhören muss. "Visionär" nennt man den Träumer, der sich in seiner Rolle gefällt.

Visionär klangen die Ankündigungen, die Horst Hinschberger als designierter Präsident des 1. FC Saarbrücken im Jahre 2007 von sich gab. Die Mitgliederwerbung sollte mittels gezielter Imagekampagnen vorangetrieben werden, auf 2500 Mitglieder sollte der Verein bis Jahresende wachsen, ein neuer Sponsorenpool auf der Basis eines "Drei-Säulen-Modells" entstehen. Die Ziele wurden später nach unten korrigiert, obwohl sich zunächst ein Zulauf an Neumitgliedern abzeichnete, die Kampagne "Liebe kennt keine Liga" umgesetzt wurde und diese für eine gewisse Zeit allgegenwärtig war. Das half zumindest nicht auf dem Platz: Das sportliche Ziel wurde verpasst. Von einem Sponsorenpool, wie es ihn z.B. in Münster gibt, hörte und sah man nichts mehr. Munter wurden im wöchentlichen Rhythmus große Projekte angekündigt, wie der Stadionneubau, der ab Frühjahr 2008 kursierte oder ein mehrstöckiges Bürogebäude im Sportfeld.

Wie ernst diese Worte wirklich zu nehmen waren, ahnten viele FCS-Fans, die sich erst einmal fragten, wo man das viele Geld für all die schönen Dinge hernehmen sollte. Eine Stahlrohrkonstruktion wäre für neue Tribünen wohl die günstigste Baumethode - würde aber immer noch rund 20 Millionen Euro verschlingen. Ein kompletter Umbau des FC-Sportfeldes wäre ebenfalls kein Pappenstiel und ohne neue Sponsoren oder mehr Fernsehgeld wohl kaum zu schaffen. Ein wenig verlor das Ganze an visionärem Elan, als man auf der Mitgliederversammlung im März 2009 das neue Credo ausgab: Ohne neues Stadion keine dritte Liga. Immerhin waren die Duschen im Sportfeld da schon renoviert.

Wenn man so will, dann ist Horst Hinschberger der "Medien-Kanzler" des 1. FC Saarbrücken, der zum Regieren vor allem aufmerksame Zuhörer braucht. Im Gegensatz zum pressescheuen Vorgänger Ostermann, der eher seltener Gast auf Fanmeetings war, lässt Hinschberger keine Gelegenheit aus, über seine Meinung zu informieren oder informieren zu lassen. Dabei baut er lieber ein Luftschloss zu viel als eines zu wenig, ganz nach dem Motto: Was angekündigt ist, muss noch lange nicht umgesetzt werden, aber wenn ich viel ankündige und auch nur das Geringste davon umgesetzt wird, habe ich etwas bewegt.

Das mag gut bei Medien und Fans ankommen und auch tatsächlich ein wenig bewegen, aber wo bleibt der Blick auf das existenziell wirklich Entscheidende? Nämlich, dem FCS eine sichere und tragfähige Basis für die kommenden Jahre zu verschaffen. Was kommt, wenn Victor's nicht mehr Hauptsponsor ist? Was kommt, wenn man wieder an das Tor zur dritten Liga klopft? Kann man sich auf Dauer Frauen- und Männermannschaft leisten? Was kommt, wenn Präsident Hinschberger einmal nicht mehr der Präsident des FCS sein wird?

Es könnte gefährlich werden, die langfristigen, überlebenswichtigen Ziele zu Gunsten kurzfristiger "Strohfeuer" zu vernachlässigen, auch wenn diese Strohfeuer für kurze Zeit hell strahlen und angenehm wärmen. Vor allem die Suche nach neuen Sponsoren ist eine Aufgabe, bei der sich der FCS an anderen Vereinen orientieren sollte. Auch das ständige Meisersche Mantra der Sponsorenflaute sowieso das alte Fan-Mantra "Uns kann doch eh keiner leiden!" dürfen nicht hemmend, sondern sollten anspornend wirken.

Hinschberger wird sicherlich, in alter Marnier des medienaffinen Präsidenten, auch seine Redekraft dazu verwendet haben, wichtige Sponsoren an Bord zu halten. Das erlaubt dem FCS jedoch keinen neuen finanziellen Spielraum, den er so dringend bräuchte, um irgendwann die Dritte Liga zu erreichen.

Dabei darf man sich nicht vom alten Spukgespenst Sponsorenflaute davon abhalten lassen, auf die Suche nach Geldgebern zu gehen.
Eine Investition, die sich beim FCS sicherlich bezahlt machen würde, wäre die Einstellung eines "Akquisiteurs". Ein solcher Kundenwerber würde potenziellen Sponsoren, über die Hinschbergersche Rhetorik hinausgehend, die Vorzüge eines Engagements nahebringen. Auch öffentlichkeitswirksame Aktionen könnte der Akquisiteur entwerfen und damit die Präsenz des Vereins im Saarland verstärken. Welchem FCS-Fan tut es nicht in der Seele weh, wenn er durch durch die Saarbrücker Innenstadt geht und auf Plakaten einer Homburger Brauerei Spieler in rot-weißen Trikots sieht?

Auch aus seinem Online-Angebot könnte der FCS mehr machen. Die Ankündigung eines Angebots namens "FCS-TV" zeigte den richtigen Weg auf, allerdings warten wir noch heute auf die Umsetzung. Die triste Realität zeigt die Webseite, bei der nur sehr langsam mal Fehler (wie die Uhrzeit im Forum) behoben werden. Hier könnte man schon mit einem kleinen Tippspiel mehr Resonanz erhalten, Gewinne könnten von Sponsoren gestiftet werden. Auch das Prunkstück im Netz, das Fanradio, sollte zum Anwerben neuer Gelder genutzt werden, auch wenn es am Ende nur dazu dient, dass kostenneutral gesendet werden kann.

Zuletzt wäre auch die Bindung zu den Fans ein Thema, das offensiver zur Einbindung von neuen Sponsoren genutzt werden könnte. Bei St. Pauli und in Oberhausen gab es einst "Retter"-Pakete, mit denen sich jeder Fan als Retter des Vereins in einer Notlage fühlen konnte. Natürlich: Der FCS ist noch von der Lage beider Vereine zum jeweiligen Zeitpunkt entfernt und hat die sportlich ganz tristen Zeiten in der vergangenen Saison erlebt. Dennoch wäre ein ähnliches Modell zu überlegen, was auf zwei Ebenen operiert: Die Fan-Ebene und die Sponsoren-Ebene. Gegen kleinere Beiträge könnten so Fans sich an einem großen Pool von Geldern, wahlweise unter einem Motto "Stadionrenovierung" oder "Mission Dritte Liga" beteiligen, während Unternehmen ihrerseits angemessene Beträge bezahlen und entsprechend gestaffelte Werbemöglichkeiten oder VIP-Privilegien erhalten.

Bei all diesen Möglichkeiten, sollte man jedoch zwei Dinge unberührt lassen: Der Ludwigspark als Standort und Name, sowie der Status der Fans dürfen nicht unter der Suche nach neuen Sponsoren leiden. Damit würde der Verein sein Tafelsilber veräußern und diejenigen hintergehen, die ihn - wie schon oft in der Vereinsgeschichte - auch im Notfall auffangen. Denn eines kann sich auch ein Präsidium unter dem Vorsitz Hinschbergers sicher sein: Wenn die Träume einmal platzen und man nicht einmal mehr das Fundament für einen weiteren Neuanfang besitzt, werden die Fans den Verein übernehmen müssen, da die Wirtschaft ihn vernachlässigt hat.

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