Mittwoch, 15. April 2009

Wettentspannen und Abrüsten

Es ist bekannt, dass die FCS-Fans mehr mit Blau-Schwarz als mit Schwarz-Weiß zu tun haben, und dennoch wird immer wieder gerne die Unterscheidung zwischen gutem und bösem Fan getroffen. Da man zwar viele Fans, aber eben nur einen Verein, ergo eine Fangemeinde antrifft, wird gerne über einen Kamm geschoren und keinen interessieren die unzähligen Zwischentöne in diesem schwarz-weißen Muster. In der Reihe kritischer Anstöße in Sachen Fanarbeit, Ordnungs- und Polizeieinsätzen ging man in der zweiten Ausgabe des Leuchtturms auf die Gewaltspirale und mögliche Ansätze zur Lösung ein.

von Carsten Pilger

Im letzten Heft haben wir die Problematik bei Auswärtsspielen aus unserer Sicht erörtert und wollten damit ein paar Denkanstöße geben. Diesmal wollen wir diese Thematik weiterführen und aufzeigen, warum gerade beim FCS die Maxime aus PeterLichts "Wettentspannen" angebracht wäre:

Wer sich schneller entspannt, ist besser als jemand, der sich nicht so schnell entspannt, der aber immer noch besser ist als jemand, der sich überhaupt nicht entspannt und eigentlich ja schon tot ist


Zwei Beispiele aus der laufenden Saison:
1. FCS - FC Homburg
Als ein sichtlich angetrunkener FCH-Fan über den Zaun vom Gästeblock auf die leere Victor's-Vortribüne kletterte, erkannte dieser nach unbeholfenen Fluchtmanövern die Ausweglosigkeit seiner Lage. Er wollte wieder in den C-Block zurückklettern, wurde dabei jedoch vom Zaun gezerrt und nun von Polizisten festgesetzt, was die Gemüter erst recht erhitzte.
2. FV Lebach - FCS
Im Saarlandpokalspiel wurde ein Polizei- und Ordneraufgebot aufgefahren, welches selbst einigen Ligaspielen Konkurrenz machte und in Anbetracht des Spielcharakters als übertrieben zu bezeichnen ist. Erst als die Fans sich in die Kurve hinter das Tor bewegten, wo zu diesem Zeitpunkt der Übergang zur Heimseite war, vergrößerte der Ordnungsdienst den Gastbereich, der zu diesem Zeitpunkt keinen Platz mehr für die aktiven Fans mitsamt Doppelhaltern und Schwenkfahnen bot. Trotz dieses Einlenkens wurde nun der Weg zum Vereinsheim mit Gittern abgesperrt und die Fans durften sich einer Sonderbewachung erfreuen.

Begleitet man den FCS eine Saison lang, so meint man einem ständigen Wettrüsten beizuwohnen. Wo hier ein prekärer Zwischenfall wie gegen Homburg im April 2008, da einige Stadionverbote zum Ausgleich. Das Bild der Gewaltspirale ist hier nicht plump als Veranschaulichung von Hooliganismus vs. Ordnungsstreben zu sehen, es ist der grausame Zustand, der Zuschauern Freiheiten raubt und gewisse Vorurteile in den Medien prägt. Es erhebt Nichtigkeiten (wie einen "Tag der Vernichtung" als wer-kennt-wen.de-Termin) zu Information und führt dazu, dass der Satz "Die FCS-Fans haben sich gut benommen" zum Mantra vieler Vereine wie Betzdorf oder Mettlach geworden ist, wobei dies im Vorfeld meist zu erwarten war.

Wäre es dann nicht sinnvoll diese Gelegenheit zur Entspannung und Abrüstung zu nutzen? Dass übertriebene Sicherheitsmaßnahmen und überhöhte Polizeiaufgebote schon von vielen normalen Stadiongängern als provokant empfunden wird, ist allgemein bekannt.

Zum einen könnte man auf diese Weise Kosten sparen. Die Polizeigewerkschaft selbst hat in der Vergangenheit immer wieder die horrenden Kosten von Einsätzen bei Fußballspielen thematisiert, die dem Steuerzahler zur Last fallen würden. Betrachtet man das Problem umgekehrt, so ist nicht die Weitergabe der Kosten an die Vereine, sondern die Vermeidung überflüssiger Ausgaben der gesuchte Lösungsansatz.
Ein Saarlandpokalspiel in Lebach erfordert naturgemäß keine Hundertschaften an Polizisten, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Aufgebot und Gefahrenpotenzial muss jedoch grundsätzlich überdacht werden. Selbiges gilt für Ordneraufgebote und weitergreifende Sicherheitsmaßnahmen wie Baustellenzäune.

Wo Maßnahmen zurückgefahren und Freiheiten erkämpft werden, bleibt immernoch die weitergehende Frage nach der Verantwortung offen. Ein selbstverwalteter (und selbst zu reinigender) Block wie der E2 ist hier nur ein Beispiel. Wichtig ist jedoch, dass die Fans selbst die Sorge dafür tragen, mit gewonnenen Freiräumen umzugehen. Auf den Sportplätzen der Oberliga ist die Resonanz zumeist positiv, von Fanseite zeigt man das Verantwortungsbewusstsein, welches eine Grundvoraussetzung für das weitere Streben nach Freiheiten ist.

Im Endeffekt mag sich dies alles etwas utopisch anhören. Es muss der breiten Masse an Fans, Zuschauern, aber auch Polizei und Vereinen aufgezeigt werden, dass es immernoch besser ist, sich langsam zu entspannen als überhaupt nicht. Schneller ist natürlich besser. Das wusste schon PeterLicht.

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