Samstag, 22. August 2009

Der politische Kommentar - "Wahlkampf"

Fußball und Politik gehören getrennt, sagen die einen. Fußball und Politik lassen sich überhaupt nicht trennen, erwidern die anderen. Der Leuchtturm ist sich der traditionell hohen Präsenz der Landespolitik im 1. FC Saarbrücken bewusst und hat schon in der vorletzten Ausgabe die fünf wichtigsten Parteien des Landes auf Herz und Nieren geprüft. Für den nicht unbedingt bierernst gemeinen "Politischen Kommentar" stellte die CDU das "Fernziel 2. Bundesliga" für den FCS fest, die Saar-SPD lehnte eine "reine Sitzplatzarena" ab und die LINKE warb mit der FCS-Vereinsmitgliedschaft ihres Landesvorsitzenden.
Da in der nächsten Woche die Landtagswahl ansteht, wollen wir diesen Artikel niemandem vorenthalten, der Heft Nr. 3 verpasst hat. Viel Vergnügen!


von Carsten Pilger

Große Aufregung gibt es immer, wenn die Parteien im Saarland den Fußball für sich entdecken und vor den Stadien Kugelschreiber, Gummibärchen, Papptröten oder ähnlichen Firlefanz, immer mit Logo und dem Namen des Kandidaten versehen, an unbedachte Fußball-Anhänger verteilen. Dann heißt es, dass Fußball und Politik getrennt gehören, auch wenn selbst Vorstandsmitglieder eben jener Spezies von Menschen auf Wahlzetteln angehören und kontinuirlich selbst die Politik in den FCS hineinbringen, wenn man z.B. von ihr ein neues Stadion fordert. Grund genug für die mündigen Wähler des Leuchtturms, einmal nicht auf die Wahlversprechen zu warten, sondern diese selbst einzufordern! Mit einer harmlosen E-Mail-Anfrage bestehend aus drei Fragen wenden wir uns an fünf Parteien, die bei der diesjährigen Landtagswahl um die Vorherrschaft über das kleinste Flächenland des Bundesrepublik streiten.

Zunächst stellen wir den Parteien eine lockere Übung zum Aufwärmen und Schwingen großer Worte:
1. Welchen Stellenwert besitzt der Saarsport, insbesondere der Fußball der Landeshauptstadt und seine Anhänger, für das Saarland?

Die regierende Kraft im Saarland von der CDU nennt den Breiten- und Spitzensport "wichtige Standortfaktoren" für das Saarland, betont die eigene Unterstützung für den Sport und beantwortet die Frage relativ dröge, wäre da nicht der Schlusssatz, der dann in Sachen Größenwahn so mancher FCS-Vereinsführung in nichts nachsteht:
"Es wäre schön, wenn der Verein sein Fernziel, nämlich die 2. Bundesliga, wieder erreichen könnte."

Die SPD zeigt bei dieser einfachen Frage schon erste Stellungsschwierigkeiten, wird doch auch Jan Frodeno als "Olympiasieger von hier" betitelt. Selbiger, der für die Saar-CDU zur Bundesversammlung nominiert wurde, um für Horst Köhler zu stimmen. Immerhin werden die "begeisterungsfähigen Fans" und das "Umfeld" des FCS gelobt und -natürlich- der Tipp abgegeben, dass der FCS 2009 endlich wieder aufsteigen wird. Dass man dann noch mit dem "dem alten Fußballerspruch von der 54-er WM 'Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille alles für den anderen zu geben.' " aufwartet, enttäuscht doch aus FCS-Sicht ein wenig, spielten die meisten Saarbrücker damals eben in der saarländischen Nationalelf.
Die FDP, bei allen Antworten nie die Grenze von vier Sätzen überschreitend, bestätigt kurz und bündig die Wichtigkeit des 1. FC Saarbrücken für die "Imagebildung des Saarlandes" und lobt die Jugendarbeit, da "die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Sportler und Zuschauer von morgen" seien. Immerhin hat man es vermieden den Prozess der Imagebildung beim FCS in der Vergangenheit nicht näher zu beleuchten.

Die Aufwärmphase ist beendet und nun kommen wir direkt zur Frage, die wohl nie aus der Mode kommen wird:
2. Welche Position vertritt Ihre Partei in der Diskussion um einen möglichen Stadionneubau im Saarland zur Ersetzung veralteter Infrastruktur?

Erneut scheinen die Christdemokraten zumindest ein wenig FCS-Historie gepaukt zu haben, denn die Fakten, dass der Ludwigspark in den 50ern erbaut und in den 70ern um die Gegentribüne ergänzt wurde. Auch liegt die Antwort weiter auf einer Wellerlänge...ähem...Wellenlänge mit der Vereinsführung, da man "ein attraktives neues Stadion wichtige Grundlage für die sportliche Zukunft des Saarfußballs" sieht und nicht umgekehrt. Das Politiker-Deutsch beginnt erst gegen Ende der Antwort und damit für alle Zwischen-den-Zeilen-Leser die Gewissheit, dass ein Stadionneubau auch bei der CDU vornehmlich Kopfkino darstellt:
"Die CDU Saar hält die Überlegungen, am Standort Ludwigspark das vorhandene Stadion zu sanieren oder aber auch an diesem Standort ein neues Stadion im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu bauen für eine gute Lösung. Deshalb wird die CDU Landesregierung dieses Projekt nach Kräften unterstützen."

Bei den Sozialdemokraten übt man sich anfangs in Realismus: "Ein Stadion, bei dem das Gras aus den Stehplatzreihen wuchert ist sicher kein Aushängeschild für unser Land." Dann nimmt die (scheinbare) Antwort aus dem Munde von Heiko Maas an Fahrt auf. "Fußball lebt von Emotionen, und den gibt’s vor allem dann, wenn der Fan weiter Fan sein darf" und dann darf so ein Stadion natürlich keine "reine Sitzplatzarena" werden oder gar eine "sterile 40.000 Mann-Arena". Wer sich bislang fragt, wo man in dieser Antwort die Position der SPD herauslesen kann, muss sich mit diesem Satz begnügen:
"Ich könnte mir vorstellen, dass es uns gelingen kann, ein solches Projekt zu stemmen und mit Hilfe von Investoren eine „Fan-Arena“ zu bauen."
Immerhin eine Aussage, mit der man wenig falsch machen kann und etwas Optimismus verbreitet, auch wenn der alleinige Konjunktiv der Vorstellung, überhaupt Erfolg zu haben, stutzig macht.
Die wortsparende FDP sieht zunächst, wie auch immer, die rückläufigen Toto-Mittel als Erschwernis für einen Stadionneubau. Ein solches Großprojekt brauche "Unterstützung aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft" und man werde sich im Falle einer Regierungsbeteiligung für den Sportstättenneubau einsetzen. Die Art der Umsetzung bleibt offen und die FDP hält sich dezent zurück. Da wären doch mindestens ein bis zwei große Schmeicheleien für den Verein dringewesen!

Die letzte Frage dreht sich wieder um ein handfestes Thema, nämlich wie das Fanprojekt "Innwurf", dessen Finanzierung schon oftmals Gegenstand der Diskussion war:
3. Wie schätzt Ihre Partei die Wichtigkeit des Saarbrücker Fanprojekts "Innwurf" in Punkto Gewaltprävention und Jugendarbeit an? Wird Ihre Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung die Finanzierung des Fanprojekts aufrecht erhalten?

Bei der CDU verweist man auf den Erfolg der seit 1999 amtierenden Regierung, die das Fanprojekt seit jeher unterstützt und in diesem Jahr die Mittel für das Projekt "sogar erheblich erhöht" habe. Wenn dann allerdings unter www.innwurf.de Sätze wie "Zugleich brachen auch die verbindlichen Zusagen zur Finanzierung weg" oder "Sehr zum Bedauern der Fanszene und des Fanprojektes war ein Großteil der Arbeit mit der Existenzsicherung verbunden" auftauchen, darf zumindest daran gezweifelt werden, dass die Unterstützung in der Vergangenheit immer in dem Maße vorhanden war, wie man sie bei "Innwurf" benötigte. Immerhin verspricht die CDU "auch in Zukunft dieses Fanprojekt maßgeblich unterstützen".
Das Fanprojekt wird "sicher nicht an der Unterstützung einer von mir geführten Landesregierung scheitern" behauptet das Heiko-Maas-Schreiben. Greifbare Beispiele bleiben auch hier aus, allerdings erkennt die SPD an, "dass die Arbeit, die dort geleistet wird, nicht immer ausreichend gewürdigt wird".
Die FDP-Antwort fällt nicht weiter aus der Reihe, die "Fandisziplin" der vergangenen zwölf Monate wird gelobt und die FDP kann "mit gutem Gewissen die Frage bejahen", dass auch ihrerseits die Unterstützung für das Fanprojekt aufrecht erhalten wird.

Doch halt, fehlt da nicht noch DIE LINKE die im Saarland wohl mit Oskar Lafontaine ernstzunehmende Gefahr für Müller und Maas darstellt? Und was ist mit den Saar-Grünen?
Die Linken antworten nach einer kurzen Erinnerung dann doch noch, und das sogar allumfassend:
"Rolf Linsler ist ein begeisterter Fußball-Anhänger des 1. FCS, was auch darin zum Ausdruck gebracht wird, dass er seit ca. 1998 Mitglied des Vereins ist. Sein Herz werde immer für den FCS schlagen, deshalb wird es zu allen Fragen, die die Weiterentwicklung des Fußballs der Landeshauptstadt betreffen, ein positives Echo geben."

Bei dieser inhaltlichen Fülle hätte man sich vielleicht besser an den Grünen orientieren sollen. Diese haben garnicht erst geantwortet.

Nach Wochen des Wartens auf alle Antworten, zahlreicher interner Vergleiche der Antworten in der Leuchtturm-Redaktion und der Feststellung, dass scheinbar mehr oder minder jede Partei gerade dann FCS-Fan werden kann, wenn gerade eine Anfrage eines FCS-Fanmagazins ins Haus flattert, ist man irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass wir jedes Wochenende weiterhin Blau-Schwarz wählen werden, das dann allerdings im Ludwigspark. Der 1. FC Saarbrücken ist im Gegensatz zu den vielen Phrasen, die mitunter in die Antworten der Parteien hineingelangt sind, für uns nicht austauschbar, weshalb wir zur Landtagswahl nicht gerade die Partei wählen werden, welche uns ein neues Stadion verspricht. Sonst müsste es konsequenterweise eine Koalition aus CDU, SPD und FDP unter Duldung der Linken geben, bei der letztlich die neue Fan-Arena am finanziellen Rahmen der rückläufigen Toto-Mittel scheitert.

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