Donnerstag, 8. Juli 2010

Leuchtturm-WM-Rundschau #8

oder “Ohne Torres habt Ihr jede Chance!”

Aus, vorbei. Die Weltmeisterschaft nicht, aber die deutschen Ambitionen auf den vierten Titel. Wie im EM-Finale 2008 lautete der Gegner Spanien und das Endergebnis 0:1, wieder waren es Sekunden, die das Spiel entschieden haben. Persönlich, um mal diesem Beitrag einiges vorweg zu nehmen, denke ich, dass zwei Ereignisse für das Endergebnis ausschlaggebend waren:

1. Die Gelbsperre von Thomas Müller
2. Der Wechsel von Torres zu Pedro bei einer taktischen Umstellung im spanischen Team

Das war’s schon. Ich halte es für maßlos übertrieben, es Jogi Löw, dessen größter Fan ich sicher nicht bin, anzukreiden, die Spielweise der Deutschen sei im Gegensatz zu den beiden vorherigen Partien zu defensiv, zu abwartend und nicht bestimmend genug gewesen. All diese Hobby-Bundestrainer müssen erst die Frage beantworten: Mit welcher Taktik soll eine Mannschaft gegen Spanien denn anspielen? Hätte Deutschland ähnlich wie gegen England mit einem frühen Sturmlauf begonnen, hätte die Anzeigetafel schon nach 30 Minuten auf 2:0 für Spanien gestanden.

Das Team von Vincent del Bosque, wohl nicht mehr und nicht weniger als die aktuell beste Mannschaft der Welt, spielt einen eigentümlichen Fußball, den Jogi Löw nach dem verlorenen EM-Finale sofort versuchte, in die deutsche Elf zu übernehmen. Kein Wunder, wenn die Grundformation bei beiden auf dem Papier ein 4-5-1 ist. Entscheidend im spanischen Fußball 2010, so denke ich, ist das “Zermürben” des Gegners. Keine andere Topmannschaft hat während aller Spiele so oft erst in der zweiten Halbzeit das Spiel gewonnen. Spanien verrennt sich nicht 90 Minuten in den Gegenspielern, Spanien hält den Ball, baut vor dem gegnerischen Strafraum fast schon ein Netz auf und wartet so lange, bis sich die Lücke zum tödlichen Pass ergibt.

Die deutsche Mannschaft hat diese Taktik gestern ausgehebelt und diese Räume meist versperrt. So waren die Spanier gezwungen, es mit harmlosen Schüssen aus der zweiten Reihe zu probieren. Deutschland musste eben, da sie den Spaniern nacheifern, der spanischen Spielweise beikommen, indem sie alles neutralisierten.

Entschieden werden solche Spiele dann meist über Standardsituationen. Ein Eckball, ein Kopfball wie ein Schuss – Tor. Ironischerweise macht der defensivste Spanier neben dem Torhüter, Carles Puyol, den spanischen Finaleinzug klar. Schon vorher versuchte es Deutschland mit offensiveren Akzenten, aber ab da war es nun geboten, alles nach vorne zu werfen, was fast zum 2:0 durch Pedro geführt hätte, der nur zu eigensinnig war, um Fernando Torres sein erstes WM-Tor zu schenken. Deutschland bringt mit Mario Gomez das rote Tuch Fußballdeutschlands und den (einzigen) Anlass für wildes Rumgekloppe auf Jogi Löw.

Um zu meinen beiden Ausgangsthesen zurückzukommen: Müller ist im Gegensatz zu Trochowski der bessere Konzept-Fußballer und auch bessere Konter-Stürmer in Löws Truppe und hat gestern definitiv gefehlt. Richtig schade, dass Müller mit zwei eher fragwürdigen Gelben Karten pausieren musste.

Die Umstellung im spanischen Team, weg von Torres hin zur Barcelona-Entdeckung Pedro, war wohl der kluge Schachzug, der das Spiel gewonnen hat. Torres wirkte in den vergangenen Spielen als Hemmnis im spanischen Spiel, fast als Klotz am Bein. Mit Villa als nomineller Spitze und Pedro, der auf dem ganzen Feld präsent war, setzte del Bosque die deutsche Mannschaft so unter Druck, dass die Entlastungsangriffe fast komplett unterbunden wurden. Was bleibt? Aus diesem Spiel hätte letztlich genauso gut Deutschland als Sieger hervorgehen können, da das Spiel über die besseren Standards entschieden wurde. Trotzdem hat mit Spanien das bessere Team auch verdient gewonnen.

Seit 2002 war Deutschland immer unter den letzten Vier einer WM, am nächsten war man dem Titel faktisch mit dem schlechtesten Team der letzten Jahre, das von Völler betreut wurde. Das Gerede von einer “tollen WM”, einer “guten Leistung” wird die nächsten Tage die Presse rauf und runterrattern, es wird nerven und absolut nichts besser machen, zu groß ist die Chance, die verspielt wurde. Zum Glück hat der FCS es letzte Saison richtig gemacht und aus einer “überragenden, überraschenden Saison” auch was Zählbares gemacht.

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