Samstag, 24. Dezember 2011

FCS-Weihnacht Nr. 1: Einmal Bad Breisig und zurück – Ein Erlebnisbericht

Der Leuchtturm schenkt Euch zu Weihnachten zehn Artikel aus neun Ausgaben des fast besten FCS-Fanzines! Den Anfang macht der Ausflug unseres Redakteurs Jochen nach Bad Breisig - zu Oberligazeiten.

von Jochen Klein

Der Wecker klingelt viel zu laut, reißt mich erbarmungslos aus meinem erst vor wenigen Stunden begonnenen Schlaf. Normalerweise pflege ich ihn einfach auszuschalten und mich ein paar weitere Stunden aufs Ohr zu legen. Doch heute nicht, denn heute ist Freitag, der 05.09.2008 und ich habe etwas ganz besonderes vor: Ich will nach Bad Breisig! Samstag letzter Woche hatte ich den Gedanken an einen Ausflug nach Bad Breisig eigentlich bereits ad acta gelegt, zu enttäuscht war ich von den miesen Kick des FCS gegen Niederauerbach gewesen.
Aber irgendwie will ich dann doch die Reise antreten, denn als damals klar wurde, dass der FCS den Sprung in die neue Regionalliga verpassen würde, und mein Frust nach einer Weile verflogen war, sah ich mir die Gegner der neuen Oberliga an und musste unwillkürlich schmunzeln, als ich solch illustre Namen wie „Waldalgesheim“ , „Betzdorf“ oder eben „Bad Breisig“ erspähte. In eines dieser Dörfer , so schwor ich mir, wollte ich den FCS begleiten, die Wahl fiel schließlich auf Bad Breisig. Ein Name, der neben den Mechtersheims, Hauensteins und Mayens dieser Welt erschreckend genau zu zeigen weiß in welcher Liga mein blau-schwarzer Vorzeigeclub aus der Landeshauptstadt mittlerweile gelandet ist; die Spielbegegnung lautet tatsächlich „SG Bad Breisig vs. 1.FC Saarbrücken“ und ist weder Test- noch Benefizspiel, sondern regulärer Ligaalltag.
Nun gut, wenn man schon mal zu einen für Oberligaverhältnisse relativ weit entfernten Spiel aufbricht, dann will man ( zumindest ich) auch etwas von dem Ort an sich sehen, also geht die Reise per Bahn bereits kurz nach 14 Uhr los. Zweieinhalb Stunden Sightseeing in Bad Breisig sollten schon drin sein. Glaubt man der offiziellen Internetpräsenz des Kurortes, so muss man aufpassen, dass man von der Fülle touristischer Highlights nicht überflutet wird. Ein vorher ausgedruckter Stadtrundgangsplaner soll mir die Orientierung später erleichtern und mich auf schnellen Wegen zu den angepriesenen Sehenswürdigkeiten führen.
Mit dem Auto geht’s zum Hauptbahnhof, 14 Uhr und noch Nichts gegessen , das muss sich ändern. Für 70 Cent offeriert mir ein Automat gesalzene Erdnüsse und trotz des Preises schlage ich zu. Drei warme Brötchen, ein Tüte Erdnüsse und eine geschenkte Promo- Cd einer lokalen Death- Metal-Band später, sitze ich im Zug Richtung Koblenz, Abfahrt 14:13 Uhr.
Außer eines lauten Disputs zwischen einer Frau mit Zweiteklasse-Ticket, die nicht einsehen will (warum auch immer), weshalb man sie mit diesem Fahrschein nicht in der 1. Klasse fahren lässt und einem genervten Schaffner, verläuft die Fahrt ruhig.
Zwischenhalte sind Orte mit verwunderlichen Namen wie „Treis- Kadern“ und „Kobern-Gondorf“. Als der Zug erneut einen Zwischenstopp macht, denke ich darüber nach, ob ich in zwei Jahren vielleicht ein reguläres Ligaspiel mit Bezeichnung „FC Kobern-Gondorf – 1.FC Saarbrücken“ besuchen muss. Zwar hoffe ich, dass dieser Gedanke ein Hirngespinst bleiben wird, doch möglich ist beim FCS dieser Tage leider alles.
In Koblenz angekommen begrüßt mich eine Schar alter Damen, die definitiv mehr als nur Einen über den Durst getrunken haben, mit ihren CD- Player und DJ Ötzis „Gesang“.
Eine Schale Erdbeeren, eine Limo und eine Tüte Pommes später fährt der Zug nach Köln mit Halt in Bad Breisig! Bis dahin gilt es aber noch eine Viertelstunde den Lärm der Damen, deren Ehemänner ob der Abwesenheit ihrer Angetrauten mit Sicherheit gerade ein Fass aufmachen, zu ertragen.
Dann endlich, 16:33 Uhr: Ich bin da, in Bad Breisig!

Der Bahnhof macht eher einen heruntergekommenen Eindruck und auch sonst sind die ersten Eindrücke der 1970 zur Stadt erhobenen Häuseransammlung wenig begeisternd. Ein Novum stellt die Tatsache, nicht von einer Horde Polizisten, die sich scheinbar für den dritten Weltkrieg gerüstet hat, begrüßt zu werden, dar. Lediglich eine Streife fährt kurz nach meiner Ankunft in Richtung Bahnhof.
Die „Tourist- Information“ gegenüber des Bahnhofs ist sehr freundlich, lässt mich die Toilette benutzen (was wirklich dringend nötig war) und wünscht mir noch einen schönen Tag und viel Spaß in Bad Breisig (Später werde ich mich fragen, inwiefern dies ironisch gemeint war...).
Bewaffnet mit dem Touristenplan geht der Entdeckungstrip los: Als erste „Attraktion“ wird die evangelische Kirche angepriesen.
Die 1901 erbaute Kirche sieht aus wie jede x- beliebige Dorfkirche und ist in etwas so sehenswert wie ein Fußballspiel des FC Homburg, nämlich gar nicht. Daher geht es schnellen Schrittes weiter.
Schließlich gibt es ja noch weit mehr zu entdecken, z.B. den 1215 entstandenen und 1653 wiederaufgebauten Templerhof, ein Gebäude der legendären Tempelritter Leider lauert auch hier eine weitere Enttäuschung, handelt es sich doch lediglich um ein sich in relativ schlechtem Zustand befindliches Gebäude, in dem nun ein sich „Templerhof“ nennendes Restaurant untergebracht ist. Ein nicht „Tourist-Information“-indoktrinierter Besucher würde sicherlich ohne mit der Wimper zu zucken daran vorbeigehen. Und das völlig zurecht.
„Kurhaus“ und „Kurpark“ haben es wohl auch nur auf die Liste der Sehenswürdigkeiten geschafft, weil ihnen das „Bad“ in „Bad Breisig“ zu verdanken ist. Besonders touristisch wertvoll sind auch Sie nicht.
Als nächstes steht das 1912 errichtete Mausoleum auf dem Plan. Doch alle Versuche die hohen eisernen Türen des ehemaligen Friedhofes (der jetzt aussieht wie eine Weltausstellung mittelalterlicher Brunnen) zu öffnen, scheitern kläglich. Aber was soll´s, man ist ja noch jung, nicht vorbestraft und in körperlich guter Verfassung. Einige akrobatische Klettereinheiten später stehe ich dann doch auf dem Rasen des Geländes. Besonders spektakulär ist die im Inneren mit Marmor verzierte Ruhestätte zwar auch nicht, bildet aber bis dato den Höhepunkt der zu Gesicht bekommenen Bad Breisiger Attraktionen.

Um 17.10 Uhr fährt der Saarbrücker Spielerbus an mir vorbei, einige Meter weiter weist ein Schild auf die „Römerthermen“ hin. Als Teilzeit-Trierer denke ich natürlich sofort an die Kaiserthermen und frage mich, welche Fundstücke antiker Baufertigkeit mich erwarten werden. Als „antik“ lässt sich das 1991 gefertigte Thermalbad mit Saunalandschaft und Fitnessstudio dann aber doch nicht bezeichnen.
Nachdem sich auch die weiteren Bad Breisiger Kulturschätze als Rohrkrepierer erweisen, bleibt festzuhalten, das einzig die wirklich sehr direkte Lage am Rhein und die schöne Uferpromenade Bad Breisig von einem 0815 Ort unterscheiden. Noch zu erwähnen wäre, dass der Rheinradweg durch die Stadt verläuft, ein Schild allerdings darauf hinweist, dass vom Rad abzusteigen ist. Überhaupt ist Bad Breisig, durchquert man es zu Fuß über den Radweg, extrem klein, der Abstand zwischen dem „Willkommen in Bad Breisig“ und dem „Auf Wiedersehen in Bad Breisig“-Schild beträgt nämlich nur 100 Meter.

Leicht enttäuscht geht es gegen 18.15 Uhr Richtung Rheintalstadion, welches gut 2 Kilometer vom Bahnhof entfernt liegt.
Das „Stadion“ ist eigentlich nur ein Kunstrasenplatz, der auf einer Seite von einigen wenigen Steinstufen umgeben ist. Dass das Spielfeld mehr nach Beachsoccerplatz aussieht, liegt an der Menge weißen Sandes, die zur Vermeidung von Verletzungen auf den künstlichen Rasen gekippt wurde.
Für 2 Euro gibt es eine recht wohl schmeckende „Bratwurst“. Das reichhaltige Sortiment kulinarischer Köstlichkeiten bietet außer der „Weißen“ leider sonst nichts an.
Unter den 700 Zuschauern sind zu Beginn etwa 90 Blau-Schwarze Anhänger, die Atmosphäre erinnert in den ersten 10 Minuten an das Freundschaftsspiel gegen Steinbach. Zwölf Minuten nach Anpfiff trifft dann ein etwa 30 Mann starker Trupp ein, und zum ersten Mal kommt so etwas wie Stimmung auf.
Eine bemühte Saarbrücker Elf dominiert von Beginn an die Partie, vergibt aber einige Großchancen kläglich. Zwischen Minute 15 und 25 setzen monsunartige Regenfälle ein, die es teilweise unmöglich machen das Spiel zu verfolgen, weil die Regentropfen direkt auf Gesicht und in die Augen prasseln. Bei Srohmanns 1:0 hat sich der Regen dann aber doch verflüchtigt. Dank Mantel nicht komplett durchgenässt, aber mit im Gesicht klebenden Haaren (und daher stark eingeschränkter Sicht) geht es in die Halbzeitpause. Gibt es etwas Schöneres als an einem Freitagabend um Viertel vor Acht mit klatschnassen Haaren frierend auf dem Sportplatz der SG Bad Breisig zu stehen?
Nach etwas Anlaufzeit gelingt dem FCS dann das 2-0 und Dieter Ferner bringt den Ausspruch des Tages als er der Ersatzbank im Ton eines Bundeswehrkommandierenden bei der Spind-Überprüfung laut (und zur Belustigung der Umherstehenden) „Saufen, saufen!“ zuruft. Zunächst frage ich mich, ob die Ersatzspieler eine Kiste Bier unter der Bank stehen haben, die, um den zweiten Treffer gebührend zu feiern, nun geleert werden soll. So feierungswürdig scheint das Tor dann aber doch nicht zu sein, denn Ferner möchte lediglich eine Wasserflasche für einen dürstenden Feldspieler bekommen.
Das Spiel endet bekanntermaßen 3-0 für die Blau-Schwarzen und mir bleiben 45 Minuten um 2 Kilometer durch Bad Breisig by night zurückzulegen. Da der Zug wegen starker Unwetter einige Minuten Verspätung hat, reicht es noch für gebratenen Reis mit Ei und Glückskekse vom Chinesen. Die Portion ist groß und schmeckt wirklich ausgezeichnet, so dass die Wartezeit schnell vergeht. Es ist 23:56 Uhr als ich am Bahnhof in Trier den Zug verlasse. Endlich wieder zurück, zurück aus Bad Breisig.

Fazit: Gastiert nicht gerade der FCS und ist man nicht unbedingt gewillt viel Zeit und Geld deshalb zu investieren, ist Bad Breisig – und dies steht im krassen Gegensatz zur Internetpropaganda- leider keine Reise wert. Einsame Höhepunkte sind die kurze Rheinpromenade und der vom Bahnhof aus gesehen erste Chinese auf der linken Straßenseite.
Hauptsache Drei Punkte geholt, oder um es mit meinem Glückskeks zu sagen: Wenn ihre Wünsche nicht zu anspruchsvoll sind, werden sie in Erfüllung gehen.

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