Freitag, 8. Januar 2010

Die große Testspieleuphorie

Die Attraktivität einer Winterpause begrenzt sich seit Ende des beliebten Traditions-Turniers der AH-Mannschaften in der Saarlandhalle auf Testspiele. Die Gegner heißen dann mal Überherrn, Dudweiler oder Pfullendorf, die interessanteren kommen aus Offenbach oder Mannheim. Selten sind da Gegner aus der Bundesliga - ausgenommen die Hinrunde 2009/10. Gegen Schalke und Dortmund schlug sich der FCS nicht schlecht und provozierte eine kleine Euphoriewelle, derer sich Christian Bost (a.k.a. "Manne") für Heft 5 angenommen hat.

Die große Testspieleuphorie

von Christian Bost

Wie lange ist es her, dass uns der letzte Bundesligist besucht hatte? Ganz genau, viel zu lange! Der FC Bayern München war am 17. Januar 2007 der letzte renommierte Testspielgegner. Wenn unser FC dann mal nach 2,5 Jahren endlich wieder einen Bundesligisten zu Gast im Ludwigspark hat, ist die Freude groß. Dieses Jahr durften die Fans sich sogar zwei Mal freuen, nach dem Schalke 04 und Borussia Dortmund nach Saarbrücken kamen.

Nach einer wirklich trägen und nicht immer glanzvollen Vorbereitung auf die aktuelle Saison (z.b. 2:3 Niederlage in Wiesbach), wurde die noch übrig gebliebene Aufstiegsfreude sehr auf die Zerreissprobe gestellt. Nach anfänglichen Lobeshymnen auf Dieter Ferner und das z.T. aus alten FCS-Rückkehrern zusammengestellte Team, wuchs nun die Skepsis, ob die Konstellation ausreichen würde, um das Ziel des Klassenerhaltes zu erreichen. Plötzlich erschien die Meldung, dass kurzfristig und eine Woche vor Saisonbeginn, Schalke 04 am 29. Juli 2009 zu einem Testspiel nach Saarbrücken kommt. Anlass war ein Benefizspiel, dessen gesamte Einnahmen an die Rudi-Kappés-Stiftung ging.

Wie sehr sich das Land auf einen Bundesligisten freute, spiegelte sich an den
Besucherzahlen wieder. Rund 20.000 Gäste fanden den Weg zum Ludwigspark. Prinzipiell gibt es zwei Sorten von Fans, die Einen halten von Testspielen rein gar nichts und die Anderen sehen diese Spiele gegen höherklassige Mannschaften als Messlatte unserer tatsächlichen fussballerischen Möglichkeiten. Um der ersten Gruppe von Fans Paroli zu bieten, wurde von Felix Magath bestätigt, dass Schalke mit der aktuellen 1. Mannschaft auflaufen wird. Dies schien dann doch noch einige Kritiker zu überzeugen, so dass die Ränge des Stadions gut gefüllt waren. Zum Spiel selbst. Saarbrücken präsentierte sich enorm stark und bewies eine große Kampfbereitschaft. Für einige Spieler war dies das Spiel des Jahres. Zur Halbzeit stand es nur 0:0, obwohl unser FCS die größeren Chancen hatte und mit etwas Glück und ohne Manuel Neuer im Tor schon 2:0 vorne liegen konnte. In der 2. Halbzeit zog Schalke 04 jedoch an und gewann somit am Ende 2:0. Nichts desto trotz war jeder von dieser hervorragenden Leistung der Blau-Schwarzen begeistert.

Die nächste Überraschung erfolgte dann im September. Es wurde verkündet, dass am 09. Oktober 2009 Borussia Dortmund nach Saarbrücken kommt. An dieses Spiel glaubte keiner
mehr, denn es wurde beim Wechsel von Marc Ziegler im Jahre 2007 mit in den Vertrag aufgenommen. Als sich monatelang und schließlich jahrelang keiner Mehr zu diesem Thema äußerte, weder auf Seiten des BVB's noch des FCS, war diese Vereinbarung für viele passé. Eventuell aus Frust über den schlechten organisatorischen Verlauf dieses Spiels oder einfach wegen der geringen Bedeutung fanden nur 6.000 Zuschauer den Weg in den Park. Hätten manche im Voraus gewusst, dass diesmal Saarbrücken als Sieger vom Platz gehen wird, wären es noch ein paar Tausend mehr geworden. Nach einem 3:2 Sieg über den BVB, welcher nur z.T. mit Stammspielern der Startelf auflief, war die Freude unter den Fans wieder riesig. Selbst Dieter Ferner konnte sich im Interview mit dem SR den Spruch nicht verkneifen: "Vielleicht spielen wir in der falschen Liga"

Unabhängig von beiden Positionen (Gegner und Befürworter von Testspielen), wer kann sich daran erinnern, was nach dem Schalke Spiel für eine Stimmung im FCS-Fanlager herrschte? Die Euphorie war enorm groß: der große FCS kann jeden schlagen, trotz den zwei Gegentoren 90 Minuten gefightet, absolut gigantische Torhüterleistung von Müller etc. Mit breiter Brust reisten die Fans eine Woche später nach Neunkirchen um Elversberg das Fürchten zu lehren. In den Köpfen der Spieler steckte immer noch das Spiel gegen Schalke und das man sich ja gut gegen den Bundesligisten verkaufte. Warum sollte also in Neunkirchen was schief gehen? Was folgte ist jedem bekannt. Die "Hinrichtung" (so Dieter Ferner) nach der historischen 6:0 Niederlage konnte keiner verstehen. Wie kann eine Mannschaft eine Woche zuvor fast einen Gegner der 1. Bundesliga schlagen, um dann nur eine Woche später gegen einen Kontrahenten aus der 4. Liga abgeschossen zu werden? Das Schlimme dabei war noch, dass nicht einmal spielerische Raffinessen dazu notwendig waren. Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ganz einfach: niemals sollte man sich an Testspielen messen!

Wenn man sich als Fan dazu entscheidet ein Testspiel zu besuchen, dann sollte man trotz großer Euphorie den Verstand nicht verlieren und das Ergebnis oder die Spielleistung auf den normalen Ligabetrieb übertragen. Freude über einen blau-schwarzen Sieg ist schön und soll keinem verwehrt bleiben, doch sollte man den Ludwigspark in Saarbrücken lassen und nicht abheben. Wer jenes schafft, Fans als auch die Mannschaft, der wird längerfristig an Stärke gewinnen. Genau diese Stärke hat nämlich der SVE gefehlt, welche nach dem Jubel nun im Trubel versunken sind. Und dort will der FCS nicht landen.

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