Sonntag, 8. August 2010

Ei behalle doch mol die Nerve!


Ein Kommentar zur Niederlage gegen Heidenheim

"Nach drei Niederlagen in Folge wird in Saarbrücken direkt der Kopf des Trainers gefordert." Dieser Spruch hat sich irgendwann in meinem Kopf eingebrannt, obwohl ich nicht mehr weiß, wann er gesagt wurde und in welchem Zusammenhang er genannt wurde. Vermutlich war es im Stadion oder aber in einem Fanforum. Jedenfalls stimmt er.

3:4 hieß es aus Saarbrücker Sicht gegen den 1. FC Heidenheim, die dritte Niederlage im dritten Spiel, letzter Tabellenplatz, null Punkte. Der Schiedsrichter hatte nicht einmal die Pfeife zum Schlusspfiff in den Mund genommen, da hieß es schon im Stadion und im Internet: Grottig, grauenhaft, Katastrohe! Und in diesem Punkt gibt es auch von mir die Zustimmung. Es ist quälend, mitanzusehen, wie nach einer 2:1-Führung drei mögliche Punkte wieder verspielt werden.

Aus dem Satz im ersten Abschnitt folgt also: Die ersten "Luginger raus!"-Rufe mussten geschehen. Und sie wurden auch laut, wenn nicht im Stadion, dann zumindest im Internet. Kein Sachverstand, keine kämpferischen Ansagen, rein gar nichts - so einer darf doch wohl nicht Trainer sein! Die Erinnerung wird wach an diese romantische Viert- und Fünftligazeit, als Dieter Ferner bei schlechter Leistung regelmäßig Donnerwetter beschwor, als Fußball noch Kampf war und natürlich - alles besser.

Die Zeiten haben sich geändert, die Wahrnehmung nicht. Der 1. FC Saarbrücken steht nach zwei Aufstiegen, einer davon mehr oder minder überraschend, in der 3. Liga nun auf dem Abstiegsplatz. Nach Meinung der "Trainer raus"-Rufer dürfte er da nicht stehen. Nach Meinung der Realisten war dies kaum vermeidbar. In keinem der bisherigen Spiele war der FCS der Favorit, obwohl diese Wahrnehmung natürlich nicht breit diskutiert wurde - oder diskutiert werden durfte. Dass Offenbach, Braunschweig und Heidenheim vergangene Saison nicht schlechter als Platz 7 abschnitten, wurde kaum beachtet.

Trotz dieser Fakten ist klar: Das darf nicht in Schönfärberei, blinden Optimismus oder ähnlichen Ausreden enden. Damit würde der FCS, ähnlich der Zeit unter Henke oder Philippe, die Realität verdrängen. Jürgen Luginger hat in den ersten drei Spielen gezeigt, dass es ihm schwerfällt, die richtige Aufstellung für seinen Kader zu finden. Spieler wie Pisano oder Sieger haben noch keine Rechtfertigung dafür erbracht, warum sie nach ihrer Verpflichtung gleich den Sprung in die erste Mannschaft geschafft haben. Kein Mannschaftsteil hat bislang eine konkurrenzfähige Form gezeigt.

Für die Mannschaft und den Trainer ist es in den kommenden Spielen an der Zeit, die Leistung zu verbessern und Fehler in der Taktik und Aufstellung auszumerzen. Wichtig ist jedoch, dass sie überhaupt das Vertrauen des Umfelds erhalten, um diese Chance überhaupt erst zu nutzen. Wer nicht die Chance zugestanden bekommt, kann sie auch kaum wahrnehmen.

Und hier kommt die Diskussion der letzten Stunden ins Spiel: Wer nach der dritten Niederlage in Folge den Kopf des Trainers fordert und die Mannschaft als Ganzes verdammt, will beiden eben jene Chance nicht zugestehen. Doch bringt das etwas? Nein! Der FCS kann nicht einfach nach drei Spieltagen gleich Trainerteam und komplette Mannschaftsteile austauschen. Nicht nur, dass es dazu am Geld fehlt: Es ist das vollkommen falsche Signal für die Spieler und das komplette Umfeld. Eine Trainerentlassung käme eines Einknickens vor den lautstarken, aber anonymen Stimmen im Umfeld gleich, die grundsätzlich jede Gelegenheit zum Meckern um ihrer Selbst Willen nutzen. Sei es die Trainerdiskussion, die Diskussion um die Neuverpflichtungen oder die Stimmungsdiskussion, was oft nach Spielen nur eine Stellvertreterdiskussion für die Leistung ist.

Natürlich: Jede Diskussion hat ihre Berechtigung und oft kommen auch kluge Gedanken zustande. Aber jede Diskussion ist auch mit Konsequenzen verbunden, was den Eindruck nach außen eines Umfeldes oder einer Fanszene angeht. Je schneller die Trainerfrage zu Beginn einer Saison auftaucht, so unglaubwürdiger, impulsiver und unreifer ist der Eindruck, der hinterlassen wird. Selbiges gilt für Verschwörungstheorien, die den Vereinsvorstand betreffen. Ohne "harte Fakten", die solche Behauptungen stützen, bringt sowas eher Internetforen in Verruf, als wirklichen Druck auszuüben.

Am Liebsten würde man rufen: "Ei behalle doch mol die Nerve!" Die Saison steht noch am Anfang, es werden noch Gegner auf den FCS zukommen, die nicht um den Aufstieg in der 3. Liga mitspielen. Die Spieler werden nach der öffentlichen Kritik durchaus ihre eigene Leistung hinterfragen, der Trainer wird auch weiter an seinem eigenen Konzept arbeiten, will er nicht früh scheitern. Man muss beiden die Chance zur Verbesserung geben - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt der Saison.

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