Montag, 26. Dezember 2011

FCS-Weihnacht 3: Europapokal in Bournemouth

Zweiter Weihnachtstag, unser Leuchtturm-Marathon geht weiter. Heute gibt es einen Artikel aus jüngerer Zeit. Florian Kern gehörte im Sommer zu den mutigen Saarbrückern, die ihren Urlaub in Bournemouth beim Europapokal mit dem FCS verbrachten. Unser dritter Weihnachtsartikel.

von Florian Kern

Waldalgesheim, Bad Breisig und Roßbach – so hießen unsere Gegner in naher Vergangenheit. Das Turnier in Bournemouth stellte für viele Fans eine erstmalige und einmalige Gelegenheit dar, mit dem Verein ins Ausland zu reisen. Einziges Problem für mich: die Terminierung. Klausuren, Stress – ihr wisst schon: das Studentenleben als Physiker. So kam es erst nach langer Überzeugungsarbeit dazu, dass sich einige Saarkasten und Koryphäen mit mir auf den Weg zur Insel machten.
Abfahrt
Ich kann von Glück sprechen, den Groundhopper und Märtyrer Horst Fried auf der Busfahrt in näherer Umgebung gehabt zu haben. Diesem sind einige Anekdoten dieses Berichts uns viele unterhaltsame Momente geschuldet. Dies begann bereits früh mit einer Lehre in Sachen Flirten: Als sich eine gewisse Nadine bei Horst im Büro mit den Worten "Hallo, ich bin Nadine von Werbefirma XYZ." vorstellte, konterte Fried gekonnt mit einem "Und ich bin Horst Fried vom Saar-Amateur." So konnte er sie direkt um den Finger wickeln.
Als die Fahrt bei einigen Mitfahrern mit der Zeit etwas feuchtfröhlicher wurde und Horst Fried einen Schluck aus dem Flachmann ablehnte, gab er brisante Auszüge seiner Religionszugehörigkeit bekannt. "Bist du denn Moslem?" fragte man den ablehnenden Horst. "Nein, ich bin vom Saar-Amateur."
Tag 1
Genug zur Busfahrt, widmen wir uns England zu. Hat man sich erstmals an Linksverkehr und die Geschwindigkeitsbegrenzung in Meilen pro Stunde gewöhnt, so kann man sich Gedanken darüber machen, wie man einen Engländer anstandsgemäß begrüßt. Da mein Englisch zu wünschen übrig lässt, wusste ich erneut in Horst Fried einen Ansprechpartner auf diese Frage. Wieder glänzte unser Kartenleser Fried mit einer passenden Antwort. "Engländer begrüßen wir immer mit F*ck you!, und wenns 'ne Frau ist mit Show your tits!" Na dann: Hello and Good Morning!
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit führte uns die Reise direkt zum Stadion. Im stadionintegrierten Fanshop deckte sich die Busbesatzung neben den üblichen Fanartikeln mit einem Heimtrikot für 10 Pfund (12 Euro) oder einem Auswärtstrikot für 5 Pfund ein. An der Größe des Fanladens, der Qualität der Artikel und den Preisen können wir uns ein großes Beispiel nehmen.
Da die Stadiontore noch geschlossen waren, sichtigte die Nudelsalat-Reisegruppe auch die Stadionkneipe nebenan. Auch hier ein ungewohntes Bild für alle Saarbrücker. Große Räumlichkeiten, eine riesige Theke, zwei Billardtische und viele Bilder der AFC-Geschichte. Wer sich hier ein Bier bestellte, musste zunächst aus fünf Sorten auswählen (Grüße an alle Teilnehmer der Bierdiskusion!) und wunderte sich anschließend über die Größe seines Bieres. Die klassische Größe in England ist nämlich das "Pint" – ein Glas mit 700 Millilitern Inhalt.
Ab ins Stadion, welches auch seine englischen Eigenheiten hat: In erster Linie dreht es sich hier um die durchgehenden Sitzschalen im Stadion: Stehplätze sind Fehlanzeige. Dies ist wohl neben der "englischen Tradition" auch einer der Gründe, warum man in Bournemouth keinen durchgehenden Support finden – im gesamten Verlauf sind nur vereinzelte Sprechgesänge zu hören.
Doch auch weitere Besonderheiten musste ein Mitfahrer bereits nach Eintritt des Stadions erkennen, als er sich eine Zigarette anzünden wollte. Ein Ordner kam im Eiltempo auf uns zu und erklärte uns die "anderen Regeln" im Stadion, wozu auch das absolute Rauchverbot gehört. Rauchen ist ausschließlich außerhalb des Stadions in engen, eingegrenzten Raucherzonen erlaubt. Doch auch diejenigen, die ein Bierchen beim Spiel trinken wollen, haben ihre Probleme: So ist der Genuss von Alkohol nur in den "Zonen" im Getränkebereich unter der Tribüne gestattet.
Nebenbei spielte der FCS dann auch noch. Gegner war Lokomotive Moskau, die in erster Linie durch ihrer Rückennummern von 51 bis 99 glänzten. Dass es sich hier um die U23 des Clubs handelte war im Spielverlauf schnell klar. Nach einigen vergebenen Chancen auf beiden Seiten, ging Lokomotive in Führung, welche die Jungs in Blau-Schwarz aber im weiteren Spielverlauf überzeugend drehten. 4:2 hieß es am Ende – es hätte nach bedingungslosem Offensivfußball allerdings auch 8:7 enden können. Eine dankenswerte Leistung erbrachte die Mannschaft auch nach dem Spiel, indem sie sich für das zweite Halbfinale zwischen dem AFC Bournemouth und der Glenn Hoddle Academy zu den Fans gesellte und dabei jeden Mitreisenden mit Handschlag begrüßte.
Nach dem Elfmeterschießen des zweiten Spiels – Horst Fried glänzte erneut mit einem Platzsturm nach nur fünf von zwölf verwandelten Elfmetern! - startete der Bus dann Richtung Autobahnhotel, welches sich 30 Meilen vor Bournemouth befand. Während sich einige Mitfahrer dem Abendprogramm in Southampton hingaben, folgte die Saarkasmus-Truppe ihrem Essensdrang und ging ins benachbarte "Burgerhaus", welches den Anschein machte, schon geschlossen haben. Doch denkste: Eine Sache für Horst Fried! In tiefstem Saarländisch fragte er eine Bedienung: "Hann ihr doooo noch uff? Is open?" Da dies die Verkäuferin bejahte, stärke sich das Team, um anschließend dem Skatspiel und einigen 50 Pence-Spielautomaten zu frönen. Damit endete ein erfolgreicher Halbfinaltag.
Tag 2
Gespannt auf das Finale ging es erneut Richtung Bournemouth. Horst Fried, mit einer Landkarte bestückt, stellte fest, dass das ausgeschilderte Krematorium in der Nähe des Krankenhauses aufgrund der besonders guten Kundenstroms sogar Sinn mache. So konnte er sich zumindest in der Stadt zurechtfinden und noch weitere Grounds abharken. Die gefundene Truppe vom Vortag zog es zum Strand. Hier begegnete uns dann nach längerem Aufenthalt auch Dieter Ferner bei einem Spaziergang. Selbst hier kriegt der gute Mann keine Ruhe!
Im weiteren Verlauf der Wanderung wurde zu unser aller Verwunderung Rick vom Fanradio von einer Engländerin angesprochen, die ein Autogramm wollte. Während alle schon dachten, das Fanradio hätte internationale Anhängerschaft, löste die Frau die Szene auf und erklärte, dass Rick doch ein berühmter Sänger der Gruppe "Radio Head" sei. Die nächste Fanradio-Übertragung wird dann aber live gesungen, Rick!
Nach einem Stadtbummel und der Plakat-Mitnahmeaktion (Im FC-Zimmer ist es sicherlich gut aufgehoben!) unseres Saarkasten ging es dann zum Finale. Nachdem Moskau der Glenn Hoddle Academy mit 0:3 verlor, gab es bereits das erste Highlight des Tages: das Vorspiel! Eine weibliche Tanzgruppe im Schulmädchenoutfit legte beim Spiel mit dem Feuer einen heißen Strip im Mittelkreis hin – nichts für Frauenfußballfans. Das Endspiel um den Europapokal verlief zunächst vollkommen offen. Bereits in der zweiten Minute vergab der AFC Bournemouth freistehend vor Enver Marina. Doch auch der 1.FC Saarbrücken vergab erneut gute Chancen. "Fuchser" war es dann, der durch einen Kopfball nach einem Freistoß die Führung erzielte. Nach einigem Hin und Her im weiteren Spielverlauf erhöhte Christian Eggert zehn Minuten vor Spielende mit einem direkt verwandelten Freistoß zum 2:0 Endstand für den FCS. Wir dürfen uns also in der neuen Saison viele Chancen durch Standartsituationen erhoffen. Da die Durchfahrt durch den Eurotunnel schon gebucht war, konnte die Pokalübergabe leider nicht mehr gefeiert werden – der Bus wartete. So neigten sich 60 Stunden Bournemouth mit Europacup-Gefühlen dem Ende entgegen.
Doch noch einmal stellte Horst Fried all seine Fähigkeiten unter Beweis, die Busbesatzung aufzupäppeln: So hielt er einen perfekt physikalischen Vortrag, wie das Wasser in den Bus strömen würde, wenn der Eurotunnel bei unserer Durchfahrt ein Loch haben sollte. Einige Leute, denen die Enge des Zuges nicht ganz so bekam, waren dann doch nicht so belustigt darüber. Am Montagmorgen um 6 Uhr stand der Bus dann pünktlich an der Saarlandhalle, von wo aus die Besatzung ihren Weg in die Heimat – oder auf die Arbeit – antraten.
Ein Dank geht an den russischen Turnierorganisator, das Rotkäppchen, die blau-schwarzen Jungs, den Plakathersteller und Horst Fried für die grandiose Unterhaltung bei einer einmaligen Europapokal-Fahrt!

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