Am fünften Tag des Leuchtturm-Weihnachtsmarathons präsentieren wir euch einen Text von unserem Saartiere-Chef Jochen, der sich ausführlich mit der Entstehung unseres Heftes beschäftigt. Das Geschriebene ist schon etwas älter und stammt aus der zweiten Ausgabe des Leuchtturms. Vielleicht erinnert sich noch jemand daran!
von Jochen Klein
Liebe Leser, liebe Leserinnen,
wir sind Ihnen zu großem Dank verpflichtet. Denn nur durch Ihre Bereitschaft unser exklusives Produkt käuflich zu erwerben, konnten wir die finanzielle Grundlage für die zweite Ausgabe des „Leuchtturms" legen.
Wenn am Spieltag vor den Stadiontoren junge Menschen mit kleinen weißen Heftchen wedeln und um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit buhlen, dann ist dies nur die letzte Aktion einer langen Kette von Abläufen, die sich über den Zeitraum mehrerer Monate erstreckt. In diesem Artikel wollen wir einmal hinter die Kulissen blicken, um einen kleinen Einblick in die große Welt der Fanmagazinherstellung zu gewinnen. Wir wollen die Antwort auf eine der wichtigsten politischen Fragen dieser Tage finden: Wie entsteht eigentlich ein Fanmagazin?
Am Anfang ist natürlich die Idee. Die Idee zu diesem Magazin entstammt dem wirren Kopf eines Menschen, der bis dato ein Internetblog über den 1.FC Saarbücken führte. Ein Internetblog wird in der Regel von Leuten betrieben, die im echten Leben keine Freunde haben, Schüler, Student oder arbeitslos sind und daher jede Menge Freizeit besitzen, in der sie sich unsinnige Gedanken machen. In dem nicht nachvollziehbaren Glauben, man müsse seine Mitmenschen an den eigenen Gedanken teilhaben lassen, eröffnet man daher eine Art Online-Tagebuch (das Internetblog), tippt freudig erregt die eigenen Texte ab und verbringt den Rest des Tages damit, gierig auf den Bildschirm zu starren - bewegt von der Hoffnung, dass der Besucherzähler endlich einen Besuch verbucht.
Vier Mitglieder eben jenes Menschenschlages (mit der Zeit waren vier Blogs, die sich mehr oder minder mit dem FCS beschäftigen entstanden) schlossen sich in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 zusammen, um ihrem verlotterten Leben einen Sinn zu geben: Gedanken gebündelt zu Papier bringen, Saarbrücken ein neues Fanmagazin schenken.
So wollen wir unsere Reise nun beginnen, doch zunächst einmal müssen Sie sich von den gängigen Vorstellungen über das Leben von uns Magazin-Autoren („Journalisten" wäre wohl etwas zu hoch gegriffen) gänzlich befreien. Es ist nämlich (leider) nicht so, dass unsere sonnengebräunten Körper auf Liegestühlen am Rande unseres hauseigenen Swimmingpools ruhen, während wir mit der einen Hand spielend leicht einen Artikel zum Thema „Postmoderne Ansätze zur Erklärung der Spielerfluktuation der vergangenen Dekade beim 1.FC Saarbrücken vor dem Hintergrund des Ostermann´schen Sponsorings" auf multifunktionsfähige Superlaptops abtippen und in der anderen Hand ein von leicht bekleideten Schönheiten ständig nachgefülltes Weinglas halten.
Nein, die Wirklichkeit sieht anders aus: Wir öffnen eine alte, hölzerne Tür, an der der Zahn der Zeit unnachgiebig zu nagen begonnen hat und treten ein ins „Abenteuer Fanmagazin“. Die Luft in dem soeben betretenen Raum ist stickig, dichte Rauchwolken wabern unter der Decke entlang, es riecht nach kaltem Schweiß, nach tiefer Verzweiflung, vielfach vergossenen Tränen und verlorener Hoffnung. Irgendwo in diesem Dickicht menschlicher Gefühlsregungen spendet auf einem in die Jahre gekommenen Tisch eine kleine Kerze ihr bald schon vergehendes Licht. Um die schwache Flamme herum, auf in naher Zukunft zerberstenden Stühlen, sitzt eine handvoll Gestalten - allesamt bleiche, mehlige Gesichter, die in ihren zittrigen Händen vergilbte Papierfetzen halten, auf denen ihre kläglichen Versuche, etwas über die bunte FCS-Welt zu berichten, notiert sind. In einem weißen Papierkorb - dem einzigen neuen Gegenstand in diesem gottverlassenen Raum - sammeln sich zerknüllte Entwürfe, misslungene Karikaturen, unbezahlte Rechnungen, Mahnungen, Gerichtsvorladungen, Haftbefehle und Werbeprospekte unseriöser Kredithaie. Mit einem Mal zerreißt ein lauter Ruf die gespannte Stille: „Wir brauchen mehr Fakten, weniger Gerüchte!", tönt es aus einer dunklen Ecke und als wäre ein Blitz mitten in die Runde gefahren, springt einer der trägen Typen auf, schnappt sich die vier Tage alte Ausgabe einer deutschen Boulevardzeitschrift und versucht verzweifelt, sich eine faktenbasierte Meinung zu BILDen.
Wenige Minuten später erschüttert ein dumpfes Pochen den Raum, die Tür öffnet sich einen Spalt und ein winziger Zettel mit grob geschmierten Zahlen darauf flattert herein. Nun wissen alle Anwesenden: Das Datum für den Druck steht, Eile ist angesagt. Spontan wird die tägliche Zwölf-Stunden-Recherche auf 15 Stunden ausgedehnt. An Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken. Gräulichen Geistern gleich, schwirren noch unbeantwortete Fragen durch den Raum. Wie hoch soll die Auflage sein? Welche Kosten kommen auf uns zu? Wer übernimmt das Risiko? Und was gibt es eigentlich als Mittagessen?
Doch all das wird für einige Stunden zur Nebensache, denn es ist Samstag und der 1. FC Saarbrücken erwartet im heimischen Ludwigspark den nächsten Gegner, der verzweifelt versuchen wird, einen Sieg gegen die Blau-Schwarzen einzufahren. Das Redaktionsteam verlässt zum ersten Mal seit vielen Tagen seinen liebgewonnen Konferenzraum, um sich auf den Weg zum Stadion zu machen. Die ersten Schritte fallen noch etwas schwer, denn die an das im Raum vorherrschende Halbdunkel gewöhnten Augen benötigen etwas Zeit, sich der Helligkeit eines herbstlichen Samstagnachmittags anzupassen. Im Stadion angekommen, verteilt man sich auf die einzelnen Blöcke und genießt für 105 Minuten einfach nur das Spiel sowie das ultimative Halbzeitrennen im Würz- und Saucenmobil. Danach geht es wieder zurück in die bedrückende Enge des Redaktionssaals, abgeschottet von der Außenwelt, vergraben in dicken Büchern, verloren in den eigenen Gedanken.
Auf diese Weise verstreichen die trübsinnigen Wochen, deren einsame Höhepunkte die wochenendlichen Fußballzuckerstücke sind, die uns die FCS-Kicker präsentieren.
Aber eines Tages hat die Arbeit ein Ende, sind die Berichte geschrieben, die Karikaturen gezeichnet, die Hefte gedruckt. Das ist der Tag, an dem
wir mit Heftchen wedelnd im Stadion stehen, immer mit einem Lächeln auf den Lippen, die Strapazen der vergangenen Monate einfach beiseite schiebend. Wenn dann die Meldung „Alle Hefte verkauft" erschallt, wissen wir, dass sich unsere Leiden gelohnt haben und das verdanken wir Ihnen, liebe Leser. Falls sie diesen Artikel lesen sollten, bedeutet dies, dass sie sich auch für den Kauf der zweiten „Leuchtturm"-Ausgabe entschieden haben. Vielen Dank. Ihr Geld wird bitter benötigt, wir brauchen nämlich schon wieder einen neuen Papierkorb.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen