Sonntag, 1. Januar 2012

FCS-Weihnacht Nr. 9: Heimspiel auswärts!

Gastbeiträge gehören zu den ganz besonderen Texten im Leuchtturm. In unregelmäßigen Abständen bekommen wir so einen kleinen Einblick in den Alltag unterschiedlichster FCS-Fans. Nachdem das Fanradio schon in dieser Reihe zu Wort kam, haben wir nun mit Daniel Engelsmanns "Heimspiel auswärts" aus Heft 8 den Text eines Fans, für den ein Heimspiel mit einer Reise verbunden ist, die locker ein Auswärtsspiel sein könnte. Wir wünschen allen FCS-Fans einen guten Start ins Jahr 2012!

von Daniel Engelsmann

Samstags, 13:40 Uhr, Fanradio. So sieht ein gewöhnlicher Samstag aus. Gespannt lausche ich den Stimmen unserer Fanradio-Kommentatoren...
Ich bin Daniel und ein „FCS-Exilant“, Fanklub für FCS Fans, die außerhalb des Saarlands leben und längst bekannt durchs Fanradio und unsere wunderschöne Zaunfahne.
Besuche im Ludwigspark sind finanziell und organisatorisch bedingt eher seltener, aber ab und zu gönne ich mir eine Tour ins schönste Stadion der Republik. Natürlich mit der Bimmelbahn...


27.08.10, Neukirchen-Vluyn

18:42 h: Ich packe meinen Rucksack und nehme mit: Fahrplan, Fahrkarte, Fotokamera, 1,5l Wasser, 1 Dose Cola, 1 Müllermilch, 1 Tüte Multivitaminbonbons, 6 abgepackte Waffeln, 1 Packung Schokoladen Cookies, Butterbrote, Salzstangen, 11 Freunde Zeitschrift, 3 blau-schwarze Schals, Block und Stift ( zur Dokumentation), Brillenputztuch (falls es regnet).

Die Abenteuerfahrt Ludwigspark musste ich dieses mal aber nicht alleine antreten. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie war es mir gelungen zwei Freunde, Freerk und Moritz, zu überreden mitzufahren. Normalerweise halten mich ja immer alle für bescheuert, wie man aus dem Ruhrpott nach Frankreich Saarbrücken fahren kann für ein Oberligaspiel Regionalligaspiel Drittligaspiel. Vor allem 2/3 des Tages Zug fahren.
Das bemerkenswerteste, was ich den beiden hoch anrechne ist aber, dass sie nichts, also mal gar nichts mit Fußball am Kopf haben. „Man kann ja mal Eindrücke sammeln von der Fußballszene.“, „Ach ja, warum nicht’ ne Reise durch die westliche Bundesrepublik. Also hab ich nicht länger nachgefragt—los ging’s!


29.9.10. 6.Spieltag, 3.Liga: 1.FC Saarbrücken- VfB Stuttgart II

04:25h: „Steh auf, wenn Du Saarbrücker bist“. Der Wecker klingelt. Raus aus den Federn! Die Vögel zwitschern auch schon. Noch 9 ½ Stunden bis zum Anpfiff.

05:05h: Meine Kollegen finden sich vor meiner Haustür ein.

05:10h: Das Vereinslied summend marschieren wir zur Bushaltestelle (eigentlich summe nur ich ). Warum schlafen denn noch alle? Der FC spielt doch heute. Komisch.

05:25h: Da kommt auch schon der Bus. 1 Minute Verspätung.

05:43h: Wir halten an der Ampel am „Kö“, dem Herzen von Moers. „Sieh mal, der Kiosk hat auch schon auf.“ Aus den Diskos und Kneipen kommen die letzen Feierbiester der letzten Nacht getaumelt.

05:55h: Vor den Toren Duisburgs, auf der Rheinbrücke. Die „Wachheitsschockstarre“ verwandelt sich in „Müdigkeitsflashs“ und aus dieser Benebelung beginnt Freerk über seltsame Fragen zu philosophieren: „Braucht man für Pfefferspray einen Waffenschein?“ „Und was hat Pflaumenkuchen damit zu tun?“ Ich lasse diese Fragen mal so im Raum stehen.

06:19h: Nach einer ersten tapferen Stunde erreichen wir Duisburg Hauptbahnhof. Mit dem Auto hätte man 15min gebraucht...Nachts Morgens fahren auch noch keine Schnellbusse.

06:42h: Weiter geht’s. Mit dem Regionalexpress nach Koblenz!

06:43h: Fahrkartenkontrolle. Es sollte die einzige auf der Hinfahrt werden.

06:50h: Ein KFC Uerdingen Fan steigt dazu und studiert meine FCS Jacke. Krefelds goldene Zeiten sind auch schon was länger her... Wir frühstücken mit Käsebrötchen aus der Bahnhofsbäckerei und Müllermilch...

08:42h: Ankunft in Koblenz. In 11 Minuten müssen wir weiter in den Zug Richtung Mainz bis nach Bingen.

09:30h: Wo ist mein Knoppers?

09:43h: Endlich mal wieder in Bingen...:D. Hier gibt es....nichts zu sehen. Allez, weiter! Auf Gleis 203 steht schon der Zug nach Bad Kreuznach bereit.
Auf einer privatisierten Strecke ohne jegliche Beinfreiheit sitzen wir zwischen wanderwilligen Rentnerpaaren. Wo sind all die lautstark brüllenden Fußballfans?

10:00h: Smalltalk mit einem Koblenzer Fan. Ein netter Rentner, der uns sogar Glück fürs Spiel wünscht. Noch vier Stunden bis zum Spiel. Leichte Nervosität; die Frisur sitz schon lange nicht mehr.

10:15h: „Ausstieg in Fahrtrichtung rechts. Für die Weiterfahrt steht auf Gleis 3 die Regionalbahn 3304 nach Saarbrücken bereit.“
Die saarländische Landeshauptstadt zum greifen nah, dementsprechend die Stimmung im Zug...Saarbrücker? Hallo?
Die Familie neben uns fährt in den Neunkirchener Zoo. Auch schön.

11:00h: In der Rubrik „Stammplatz“ der 11 Freunde wird eine junge Saarbrückerin vorgestellt. Wir sehen sie nach dem Spiel in der Nähe des Saarbrücker Bahnhofs. Schöne Grüße an dieser Stelle und Daumen nach oben!

11:26h: Nachdem ich zuletzt selbst immer unsicherer auf die Frage: „Sind wir schon im Saarland?“ antworten konnte, wusste ich Moritz und Freerk nun endlich zu beruhigen: „Ihr könnt die Augen wieder aufmachen, Rheinland-Pfalz ist hinter uns.“
Wir passieren Türkismühle.

12:00h: Wir führen Telefonate in die Heimat, Freunde, die gerade frühstücken, lachen uns aus. Aber wir können mitlachen.

12:11h: Saarbrücken.

12:15h: Nachdem wir endlich angekommen sind, werden erst mal die Toiletten gestürmt. Während der ganzen Zugfahrt hab ich von Schwenker und Lyoner geschwärmt...Jetzt wird’s langsam Zeit...

13:00h: 45- minütiges „Schnell-Sight-Seeing“ ( St. Johanner Markt, Alte Brücke, Schloss, Ludwigskirche, Saar ) für die Kulturnote muss genügen. „Das ist also Saarbrücken.“, Antwort meines kleinen Reisegrüppchens.
Nun aber auf in den Park. Hab ich denen schon gesagt, dass es bergauf geht? Wir nicht sitzen werden? Es keine Überdachung gibt? Keine Pommes? Hab ich beim Vergleich mit der Veltins- Arena zu wenig Abstriche gemacht?
Also, ich liebe den Ludwigspark, so wie er ist!

13:45h: Ich halte Ausschau nach weiteren Exilanten. Da treffe ich einen beim Aufhängen der Zaunfahne. Blau-schwarze Grüße!

14:00h: Anstoß.

14.45h: Halbzeit. Hunger. Durst. Stimme rau, Himmel blau.

15:40h: Verschwitzt. In Saarbrücken lacht die Sonne. In NRW eher trüb. Alles richtig gemacht!

15:42h: Elfmeter: Zeitz. Tooooooooooor! Na, endlich. Das war wichtig für die Stimmung auf der Rückfahrt.

15:48h: Abpfiff.

17:03h: Eine Zugfahrt, die ist lustig, eine Zugfahrt, die macht Spaß. Es geht zurück. Und wir bringen drei Punkte mit.

19:38h: Müde. Die Stimmung geht langsam in den Keller. Ich erinnere Moritz und Freerk immer wieder an den Sieg, aber ich glaube, die wollen nach Hause. Ich ja auch...
In Rheinland-Pfalz hat man kaum Handyempfang, zumindest an diesem Abend, in diesem Zug. Trotzdem sammele ich nach und nach die Bundesligaergebnisse des Nachmittags zusammen.
Umstieg in Koblenz und Stärkung in der örtlichen Fast-Food-Niederlassung.

21:31h: Zwischenhalt in Köln. Heute haben wir den Dom bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gesehen. Eine der Weltstädte auf unserer Reise. Die große Leuchtreklame von 4711-Echt Kölsch Wasser, die vielen Menschen am Bahnhof, das Partyvolk neben den Geschäftsleuten in der Bahn und die Schönheit des Rheins stimmen mich nachdenklich. Ein Gefühl zwischen Freiheit und Alltag.
Vor uns feiern ein Dutzend HSV-Fans ihren Sieg.

22.:18h: Duisburg Hauptbahnhof. Endlich. (Fast) zu Hause. Vorläufiges Fazit unserer Reise: Wir hatten 106 Zwischenhalte.
Nachhaltiges Fazit: Immer wieder gerne. Aber mit dem ICE wäre auch mal schön...

22:45h: Entspannung auf dem Sofa. Es läuft Schlag den Raab. Ist das Aktuelle Sportstudio schon aus?


An dieser Stelle möchte ich meine beiden tapferen Mitfahrer Moritz und Freerk herzlich grüßen, sowie alle anderen Exilanten dieser Welt. Und die Rheinland-Pfälzer und ihr schönes Bundesland ( wirklich!). Natürlich auch das Team vom Fanradio. Ich wüsste nicht, was ich ohne euch machen würde.

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